Das alternative Heimatbuch

In diesem Jahr hätte der Verein "Wider das Vergessen und gegen Rassismus" zum 25. Mal die Gedenkstunde mit Kranzniederlegung an der Erinnerungsplatte an Alois Kunz in Marpingen begangen. Corona bedingt muss diese aber in der bisher üblichen Form mit Ansprache und anschließendem Gedankenaustausch der Teilnehmer(innen) im Marien-café ausfallen. 
Stattdessen wird am Mittwoch, dem 27. Januar 2021, das online-Konzert "Wo wollt ihr hin?", das unser Mitglied, der Künstler Jürgen Brill, zusammen mit dem Verein produziert hat, auf dem Youtube-Kanal "Jürgen Brill Alarm" hochgeladen. 
In seiner Ansprache hätte der Vereinsvorsitzende Eberhard Wagner Folgendes gesagt:

Wir leben in beängstigenden Zeiten, die mich an 1933/1934 im damaligen Saargebiet erinnern. Damals, kurz vor der Saar-Abstimmung, in der die Saarländerinnen sich entscheiden mussten, ob sie zu Hitler-Deutschland wollten oder nicht, konnte man, wie heute, beobachten, wie sich der Virus des Nationalsozialismus in den Hirnen und Herzen der Menschen einnistete. 

Obwohl man im damals noch freien Saargebiet sehen konnte, wie im Reich Hitler und seine Spießgesellen 

  • durch das Ermächtigungsgesetz, dem außer SPD und KPD alle sog. „bürgerlichen Parteien“ im Reichstag zustimmten, die Demokratie außer Kraft setzten, 
  • obwohl die Saarländerinnen sahen, wie am 1. April 1933 alle jüdischen Einrichtungen im Reich boykottiert wurden und dabei erstmals jüdische deutsche zu Tode kamen, 
  • obwohl die Saarländerinnen mit ansahen, wie am 10. Mai 1933 die Bücher von mehr als 20.000 Autoren, die „undeutschen Geist“ verbreitet hätten, verbrannt wurden, 
  • obwohl die Saarländerinnen mitbekamen, dass schon im April 1933 im Reich jüdische Beamte aus dem Staatsdienst entlassen wurden, 
  • obwohl in allen damaligen Saargebietszeitungen groß über den sog. „Röhmputsch“ am 30 Juni 1934 berichtet wurde, in dessen Verlauf mehr als 200 Menschen ermordet wurden, 
  • obwohl die Saarländerinnen alles das und noch viel mehr in den ca. 50 damaligen Zeitungen lesen konnten, 

stimmten sie am 13. Januar 1935 mit der überwältigenden Mehrheit von 91% für die Rückkehr ihrer Heimat zu Hitler-Deutschland. 

Innerhalb von2 Jahren – vom 30. Januar 1933 bis zum 13. Januar 1935 – hatte eine mehr oder weniger schleichende "Nationalsozialisierung" der Saargebietsmenschen stattgefunden. 

Und heute: 

heute sehen wir auch, wie sich rechtsradikales und menschenverachtendes Denken schleichend ausbreitet.  

  • Nicht nur dass wir eine rechtsradikale Partei als stärkste Oppositionskraft im Bundestag sitzen haben und in allen Landtagen, 
  • nein, es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass dieses Denken sich im Sicherheitsapparat, in der Bundeswehr und auch in sonstigen staatlichen Institutionen ausbreitet. 
  • Da werden in der Polizei eine Vielzahl von rechtsradikalen Chatgruppen aufgedeckt,   
  • aus Polizeicomputern heraus werden Droh-Mails an Politikerinnen und Rechtsanwältinnen versandt, 
  • eine Bundeswehreinheit der KSK wird wegen rechtsradikaler Umtriebe aufgelöst, Hitlerbüsten, Hakenkreuzfahnen und gestohlene Waffen fand man u.a. dort, 
  • und in den „sozialen Netzwerken“ wird auf das Übelste gegen die Demokratie gehetzt. 
  • In Berlin versuchten Rechtsradikale und „Querdenker“ den Reichstag zu stürmen und ein Blick in die USA, wo rechtsradikale Anhänger des Noch-Präsidenten Trump das Capitol stürmten, lässt einen Angst und Bange werden. 

Wenn wir also nicht wachsam sind und vor Angst, Gleichgültigkeit oder Unwissen nicht gegen diese Umtriebe vorgehen und den Mund aufmachen, wird uns in der Zukunft eine Wiederholung der Geschichte blühen.