Das alternative Heimatbuch

Am Standort der ehemaligen Synagoge in St. Wendel, in der Kelsweilerstraße 13, legten der Vorsitzende des Vereins, Eberhard Wagner, und der Landrat des Kreises, Udo Recktenwald, zusammen mit zahlreichen Anwesenden zum Gedenken an die schändliche Reichspogromnacht einen Erinnerungskranz nieder. Diese Gedenkstunde wurde auf Initiative unseres Vereins nun schon zum dritten Male abgehalten.

Eberhard Wagner sagte vor ca. 30 Teilnehmerinnen u.a.:

"Am heutigen Mittwoch jährte sich zum 73. Mal einer der beschämendsten Tage in der deutschen Geschichte – die Reichspogromnacht, verharmlosend oft immer noch als Reichkristallnacht bezeichnet. In dieser Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 wurden im gesamten Deutschland die jüdischen Gotteshäuser geschändet, verwüstet und angezündet. Mindestens 267 Synagogen (nach neuesten Forschungen weit über 1000) gingen in Flammen auf oder wurden zerstört, 7.500 jüdische Geschäfte wurden geplündert und zerstört, 30.000 jüdische Deutsche wurden inhaftiert und in Konzentrationslager verbracht, von denen 800 die Haft nicht überlebten und 91 jüdische Deutsche wurden im Verlaufe des Pogroms direkt getötet. Dies geschah nicht nur weit weg irgendwo in Deutschland, sondern auch bei uns im Saarland und im Kreis St.Wendel. In 30 saarländischen Orten fanden Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung statt. 14 Synagogen wurden verwüstet oder in Brand gesetzt. In 26 Orten wurde Privat- oder Geschäftsbesitz vernichtet oder beschädigt. In 13 Orten wurden während des Pogroms die jüdischen Friedhöfe geschändet. Im Kreis St.Wendel fanden in 5 Orten Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung und gegen jüdisches Eigentum statt. Dies waren Sötern, Bosen, Gonnesweiler, Tholey und St.Wendel. Die St.Wendeler Synagoge, in der Kelsweilerstraße neben dem heutigen Haus Nr.13, wurde in der Nacht vom 9.11. auf den 10.11.1938 von SA-Leuten und Nazi-Anhängern geschändet und teilweise zerstört. Laut St.Wendeler Volksblatt wurde sie am 24.11.1938 von städtischen Arbeitern endgültig abgerissen. Die Täter waren nicht irgendwelche anonyme Fremde, sondern in den meisten Fällen gingen einheimische Parteigenossen (oder solche aus den Nachbardörfern) und SA-Männer gegen ihre eigenen jüdischen Mitbürger vor. Täter und Opfer waren sich in den meisten Fällen bestens bekannt. Dass wir heute schon zum 3. Male an dieser Stelle eine Gedenkstunde abhalten, ist nicht zuletzt dem Landrat Udo Recktenwald zu verdanken, der die Kranzniederlegung am Standort der ehemaligen Synagoge seit seinem Amtsantritt offensiv unterstützte und betrieb. In Zukunft sollten wir darauf hin arbeiten, dass der Standort der ehemaligen Synagoge würdiger hergerichtet wird, so dass die Bürgerinnen und Bürger der Kreisstadt besser auf auf diesen Ort aufmerksam gemacht werden."

Landrat Udo Recktenwald sagte zusammengefasst u.a.:

Mit der Sondersitzung des Kreistages am 9. November 2009 und der anschließenden erstmaligen Kranzniederlegung hier am Standort der ehemaligen Synagoge, sowie dem Symposium zum Thema "Jüdische Deutsche im Kreis St. Wendel" im Dezember 2009 in Otzenhausen habe man begonnen im Landkreis eine andere Erinnerungskultur zu installieren. Mit der Verlegung der Stolpersteine in der Kreisstadt im April 2011 sei ein weiterer Eckpunkt gesetzt worden. Zusammen mit dem Verein "Wider das Vergessen und gegen Rassismus" wolle der Landrat weiterhin gegen das Vergessen der Nazi-Verbrechen angehen. Denn die Geschehnisse dürften weder verharmlost noch relativiert noch geleugnet werden